Unsere Lebenswirklichkeit wird mit Füßen getreten

Mit großem Unverständnis nehmen wir die strikten Regeln zur Kenntnis, die seit heute mitten in unserem gemeinsamen Lebensraum im saarländisch-lothringischen Nachbarschaftsgebiet gelten. Auch wenn wir die Bedrohung durch das Corona-Virus sehr ernst nehmen, wehren wir uns dagegen, dass in unser tägliches Leben unverhältnismäßig schwer eingegriffen wird, ohne Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit vor Ort.

Der Besuch des Nachbarortes ist keine „vermeidbare Reise“, wie man es in Berlin offensichtlich sieht – es ist unser Alltag, mit Familie und Freunden, Lernen und Arbeiten, Freizeit und Einkaufen. Lauterbach liegt näher an drei Städten im Departement Moselle als an jedem anderen saarländischen Ort.

Von daher erwarten wir auch von den saarländischen Ministern und der Ministerin in Berlin, sich vehement für unsere Situation einzusetzen. Offensichtlich ist es der französischen Zentralregierung mit der 30km Regel gelungen, der Region entgegenzukommen. Das föderalistische Deutschland hingegen schafft es nicht, den regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen und überlässt Berlin die Entscheidung. Die Erfinderin der saarländischen Frankreichstrategie, heute im Verteidigungsministerium, hat offensichtlich ihre Wurzeln aus den Augen verloren. Außenminister Heiko Maas und Wirtschaftsminister Peter Altmeyer bewerben sich als Direktkandidaten in dem Wahlkreis, in dem Leiding(en) sinnbildlich für dieses gemeinsame Leben steht. Dies müssen sie auch am Kabinettstisch unmissverständlich klarmachen.

Von ihnen und unserer Landesregierung erwarten wir, dass unser Lebensraum nicht auf den Austausch von Arbeitskräften für die Wirtschaft reduziert wird – und selbst dies wird aktuell völlig inakzeptabel gehandhabt. Was wir hier über Jahrzehnte mit kommunalen und persönlichen Beziehungen aufgebaut haben ist mehr als all die Sonntagsreden der Hochpolitik. Es muss möglich sein, gerade in der Krise diesen Geist des Gemeinsamen als Stärke zu nutzen. Nach einem Jahr des Ausnahmezustands muss es möglich sein, effiziente Maßnahmen gegen die Bedrohung umzusetzen, die nicht das Leben der Menschen auf den Kopf stellen.

Wir fordern die Bundespolitik auf, sich hier vor Ort von dem Chaos zu überzeugen, das sie gerade anrichten und die Barrieren im Kopf endlich abzubauen!