Die Gouvernante der Arbeitslosen

Es wäre ja zu ertragen, dieses Peter-Hahne-hafte Automatik-Grinsen – wenn sich dahinter eine annehmbare Politik versteckte. Aber Ursula von der Leyens Fassade ist längst eines Potemkinschen Dorfes würdig: wenig dahinter, wie sich beim Bildungspaket jetzt zeigt.

Die famose Modernisiererin der CDU ist, sollte es sie je gegeben haben, Vergangenheit. In unerträglicher Weise pflegt sie als Sozialministerin – lächelnd, aber streng – den gouvernantenhaften Ton gegen Arbeitslose. Die knapp 20 Prozent der Hartz-IV-Eltern, die sich laut Umfrage für ihr Bildungspaket “nicht interessieren” (warum eigentlich nicht?), nennt sie einen “harten Kern”, als ginge es um eine Terrortruppe. Und sie tut, als könne das Ausfüllen eines Antrags als entscheidender Beleg für gesellschaftliches Engagement gelten und müsse deshalb unbedingt beibehalten werden.

Sicher: Es gibt ohne Zweifel Familien, die selbst beim Erlangen kleiner Vorteile für ihre Kinder zu resigniert, vielleicht auch hier und da zu zynisch sind, um selbst aktiv zu werden. Aber wie wäre es, wenn man sie über ihre Kinder “abzuholen” versuchte, in Kitas und Schulen etwa? Glaubt Frau von der Leyen wirklich, dass ihr erhobener Zeigefinger für die Ärmsten und Ausgegrenztesten zum Erweckungs-Erlebnis wird?

Nein, das glaubt sie sicher nicht, und hier stoßen wir auf das eigentliche, politische Problem. Dieses Bildungspaket ist so, wie es ist, weil die Regierung erstens auf Biegen und Brechen kein zusätzliches Bargeld für Familien mit Kindern bereitstellen wollte. Und weil sie zweitens auf die bevormundende Prozedur des Antragswesens keineswegs verzichten wollte, auch da nicht, wo es wahrscheinlich unbürokratischer und damit billiger wäre. Zu wertvoll scheint ihr der möglichst pauschale Missbrauchsvorwurf (”Flachbild-Fernseher”) für die Befriedigung von Vorurteilen gegen Arbeitslose zu sein, als dass sie ein Zeichen des Vertrauens hätte setzen wollen.

Ich lehne die Umwandlung bestimmter Angebote in Sachleistungen nicht pauschal ab. Akzeptieren wir also mal das Prinzip “Bildungspaket statt Erhöhung des Kinder-Regelsatzes” – wenigstens dort, wo es sinnvoll erschiene -, dann bleibt immer noch die ideologisch getriebene Fehlorganisation des Pakets.

Dass es einfacher und unbürokratischer gewesen wäre, bestimmte Teile (etwa zehn Euro für Sport) in bar auszuzahlen und Anderes (Schulessen) durch strukturelle Verbesserungen zu bewältigen, zeigen eigentlich alle Erfahrungsberichte, zum Beispiel dieser hier. Das hätte allerdings die ideologische Hintergrund-Botschaft ins Wanken gebracht, die da lautet: Die kriegen nix, wenn uns nicht zum einen das Verfassungsgericht dazu zwingt und wenn wir sie nicht zum anderen bis auf die Knochen kontrollieren.

Wenn wir, wie es besonders Konservative gern tun, eine Debatte über bevormundende Aspekte des Sozialstaats führen, dann kann ich nur sagen: Da ist Frau von der Leyen Expertin. Auch wenn die Kritiker von rechts das mit der Bevormundung ganz anders meinen.

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