80 Jahre SPD in Völklingen – 1917 – 1997

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Auseinandersetzungen mit Kontrahenten

Ihre Positionen hatte die Sozialdemokratische Partei in Völklingen in den ganzen Jahren in Auseinandersetzung mit der starken katholischen Zentrumspartei, mit der Röchling’schen Deutsch-Saarländischen Volkspartei (bis 1925 Deutsche Demokratische Partei) und verschiedenen bürgerlichen Gruppierungen zu erringen und zu verteidigen.

Bei der politischen Linken hatte sich nach 1920 eine Veränderung vollzogen. Ein Teil der USPD-Mitglieder hatte sich als KPD konstituiert, ein anderer Teil war in die SPD zurückgekehrt, die 1923 dann als „Vereinigte Sozialdemokratische Partei“ zur Kommunalwahl kandidierte und sieben Mandate errang. Hier entstand aus der Konkurrenz-Situation der Arbeiterparteien um Einfluss und Wählerstimmen, die sich bis zur Gegnerschaft verschärfte, in der lokalen Praxis aber auch durch die gemeinschaftliche Mitgliedschaft in den Arbeitersport- oder Kulturvereinen entschärfte, ein differenziertes Verhältnis zueinander.

Mitte Juni 1926 referierten in einer öffentlichen Wählerversammlung „der Redakteur Braun von der Volksstimme und eine Frau Braun-Stratmann“, die Kriminal-Kommissar Zeitz in seinem Bericht festhielt. Es ging um die Kommunalwahl am 11. Juli 1026. (Max Braun, * 1892 – 1945 †, ab 1923 Chefredakteur der sozialdemokratischen Zeitung „Volkesstimme“, wurde vom Saar-SPD-Parteitag im Februar 1929 zum Parteivorsitzenden gewählt. 1923 heiratet er Angelika Stratmann, eine Lehrerin, ebenfalls aus Neuss – wie Braun selbst; Angelika Braun-Stratmann engagierte sich besonders Stark als Frauenrechtlerin. Bei der Gründung der Arbeiterwohlfahrt im Februar 1924 wird sie als deren Vorsitzende gewählt.)

Braun steift zuerst wirtschaftspolitische Fragen, nimmt zur Lohnpolitik und Kaufkraftproblemen Stellung, widmet sich kommunalpolitischen Fragen und äußert sich zur Schulpolitik. „Der Geist in der Schule ist maßgebend, wie die Kinder erzogen werden, es darf nicht vorkommen, dass die Jugend in dem Geist erzogen wird, dass sie im Alter von 20 Jahren wieder den Schießprügel auf die Schulter nimmt, wie dies 1914 der Fall war. Sie dürfe nicht im Geist der Reaktion zu Hurrapatrioten erzogen werden. Der Geist der Völkerverbrüderung, des Völkerfriedens, der Geist der Internationale und der Völkerverständigung muss in den Schulen vorherrschen.“

Über Angelika Brauns Referat hält der Polizeibericht fest, dass sie betont habe, die Frauen sollten unbedingt von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Sie entwickelte ihre Vorstellung, was die Frauen vom Gemeinderat erwarten sollten, wandte sich gegen den § 218, forderte die Einführung der Einheitsschule, forderte „Mutterschutz, Entbindungsheim, Spielplätze“.

„Volkesstimme“ vom 23. Januar 1924

 

Einen Tag vor der Wahl sprachen in einer weiteren öffentlichen Wählerversammlung in der Turnhalle der Reichtagsabgeordnete Tempel und Beigeordneter Robert Stumm. Er führte aus, dass Röchling in den Jahren 1924 und 1925 keine Einkommenssteuer bezahlt habe. Alles werde auf die Schultern der Arbeiter abgewälzt. Als Röchling die Hütte stillgelegt habe, seien 7.000 Arbeiter auf die Straße geworfen worden. Damit seien 30.000 brotlos gemacht worden. In dieser Zeit sei dann durch die Initiative der Sozialdemokraten die Erwerbslosenunterstützung erhöht und Notstandsarbeiten vergeben worden. Röchling habe kein Geld, um Steuern zu zahlen. Aber er habe durchaus Geld, um Grundstücke zu kaufen.

Bei der Wahl im Juli 1926 errang die SPD in Völklingen sechs Mandate.

Luise Schiffgens (1892 – 1954) referierte am 6. März 1927 in Völklingen. Zum Veranstaltungsbeginn und nach dem Vortrag trug die SAJ Liede vor. Ob die Versammlung eigens dem Internationalen Frauentag gewidmet war, vermerkte der Polizeibericht nicht. Die Inhalte aber waren eindeutig die Frauenrechte, das Frauenwahlrecht, die Frau als Arbeitslose oder als billige Arbeitskraft, als Mutter und Hausfrau, als Kindererzieherin. Die Frauen sollten nicht gleichgültig der Entwicklung zusehen, sondern selbst aktiv werden.

An solchen Berichten über Veranstaltungen ist erkennbar, dass sich der Völklinger Ortsverein nicht nur mit Wahlkämpfen befasste, in ihnen Aktivität entwickelte, sondern sich zugleich thematisch dem weiten Spektrum gesellschaftlicher Probleme zugewandte: kommunale Themen, Arbeiterfragen, d.h. Lohn- und Tarifangelegenheiten, Gewerkschaftliches, Preise/Lebenshaltungskosten, Frauen, Kinder, Familie. Der Ortsverein hatte eine Jugendkommission gebildet, der die Vorbereitung einer Gruppe der SAJ, der Sozialistischen Arbeiterjugend, oblag. Polizei- und Zeitungsberichte stellen diese Gruppe dann bei ihren kulturellen Aktivitäten fest, wozu Gesang, Theater und Sprechchöre gehörten. 1932 schließlich gab es innerhalb der SAJ auch eine „Sozialistische Kampfstaffel“.

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